Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.
   Soziologen haben errechnet, daß jeder Mensch durchschnittlich 200 
Freunde und Bekannte hat. Das kann nicht sein, denn das wären ja nur 
200 öde Geburtstagspartys im Jahr, mir kommt es eher vor, als seien es 
365. Dauernd schleichen Kollegen durch die Firma, ziehen einen 
Heiermann ein, um vom Gesamterlös einem bedauernswerten Mitgefangenen 
einen Tischgrill zu besorgen, dargereicht im Set mit einer 
vorgedruckten Glückwunschkarte "Kaum zu glauben, es ist wahr, 
hähähä wird heut' 40 Jahr." Für höhöhö hat jemand mit Kuli Egon 
reingekrakelt. Nach Büroschluß gibt's 'n Gläschen Schädelsprenger 
und 'ne Salzlette, und der Geburtstag wäre glücklich abgehakt.
   Schlimmer ist's bei engeren Bekannten. Wie um stets daran erinnert 
zu werden, daß unsere irdische Existenz ein Jammertal ist, veranstalten 
sie sogenannte Geburtstagspartys. Davon lebt mittlerweile eine ganze 
Industrie. In "Geschenkboutiquen" kann man all die drolligen 
Staubfänger kaufen, die am Eingang überreicht werden: Raumschiff 
Enterprise als Toilettenbürste, Plüschaffen, die lustig pfeifen, wenn 
man ihnen die Eier krault, oder Hundescheiße aus Gummi, die man in den 
Nudelsalat legt. Hahaha, ham wir gelacht.
   Für den eiligen Geburtstagsyuppie gibt's dann noch den 
Partyservice: Verbrecherorganisationen, die für ein Stück 
vertrockneter Weißbrotrinde nebst totem Shrimp und MayonnaisePups 
5,80 Mark berechnen. Da man vom Fressen allein nicht lustig wird, 
kreist die Puffbrause, und - huhuhaha - um zwölf kommt ein öliger 
Südländer durch die Tür und reißt den Schlüpfer runter. Inge 
kriegt rote Ohren, als der gedungene Nubier seinen Otto an ihren 
Dingern reibt und alles juchzt. Tolle Stimmung, famose Party. Doch 
alles ist gekauft, von allein läuft nichts. In der Küche stehen 
sechs Männer mit dem Arsch am gerupften Buffet gelehnt und 
schwadronieren über die Existenzfolter im öffentlichen Dienst, an 
der Hausbar serviert der Gastgeber eigene Cocktailkompositionen: 
"Einmarsch in Bagdad" - eine Hommage an den Golfkrieg aus drei Sorten 
Whisky, Kümmel und Dattelsaft; "Alien 3": angebrüteter Eidotter in 
Wodka usw. Nach einer Stunde sind seine bedauernswerten Opfer reif 
für den Rettungshubschrauber. Unterdessen ist die allgemeine 
Fröhlichkeit nicht mehr zu bremsen, auch bekannt unter dem Namen: 
Kampftrinken mit wechselseitigem Ziepen an den Geschlechtsteilen. Vier 
Uhr nachts, die bestellten Taxichauffeure klingeln an der Tür, nur um 
vom Gastgeber wütend wieder davongejagt zu werden: Hahaha, hier kommt 
keiner lebend raus, jetzt geht die Sause erst richtig los. von wegen. 
Nachdem der geordnete Rückzug abgeschnitten wurde, macht sich 
schlagartig Ernüchterung breit. Die lange verdrängte Frage "Wer 
fährt?" taucht am vernebelten Horizont der zugedröhnten Köpfe auf. 
Hihihi. Die einen werfen kalt lächelnd den Führerschein ihrer 
Begleiterinnen in die Flensburger Opferschale, die andern krümmen 
sich in Embryonalstellung auf der Auslegeware und dämmern dem 
Sonnenaufgang entgegen.
   The day after: Nudelsalatreste zwischen der Shakespeare-Erstausgabe, 
Shrimps drehen sich einsam auf Plattentellern, Leiber zucken am Boden, 
Münder, so trocken wie die Mojave-Wüste, krächzen nach Aspirin. 40 
Gestalten werden diesen Tag dem Bruttosozialprodukt wieder einmal 
vorenthalten. 40 Restgehirne werden ein "Nie Wieder formulieren, doch 
morgen wird die Gabi 34 und wäre echt sauer, wenn es keine tolle 
Party mit ganz vielen tollen Leuten gäbe. Herzlichen Glückwunsch! 
(abgetippt von Thomas Bunz)  |