Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.
Überall sprießen sie aus dem Boden wie warziger Ausschlag der Erdkruste. Die
Eigenheimsiedlungen am Rande der Stadt. Auf immer kleineren Parzellen
versuchen bis zur Organspende verschuldete Kleinfamilien ihre putzigen
Starenkästen aufzubauen. Doppelverdienende Kleinverdiener kämpfen verzweifelt
mit Schubkarre und Zementfaß gegen die Kostensteigerung im Baugewerbe. An
jedem Wochenende werkeln sie an ihren piefigen Hütten und versuchen so die
längst überfällige Scheidung ihrer Ehefassade zumindest bis zur
Rohbaufertigstellung hinauszuschieben. Die letzten Groschen werden Oma aus
dem Sparstrumpf gestohlen, um sich den Messingdrücker Posthorn an jeder
Zimmertür leisten zu können, oder auf der winzigen Gästetoilette die
Mischbatterie Manhatten aus altdeutschen Platinersatz zu installieren. Und
wenn das Museum des kleinbürgerlichen Horrors fertig ist, würgt die
Gestaltungswut der Bauherren noch eine japanische Teehausfälschung aus dem
Heimwerkermarkt in den Garten. Und damit janicht die gesellschaftliche
Wirklichkeit in Form des nächtlichen Einbrechers in die schwiemelige
Gemütlichkeit eintringt, hängt an jedem Maschendraht ein und dasselbe Schild.
Gezeigt wird das blödig grinsende Portrait einer genetisch deformierten
Hunderasse mit der Überschrift: "Hier wache ich". Auch wenn sich kein
Einbrecher dafür interessieren dürfte, die von Bausparkassen ausgelaugten
Looserhütten aufzuknacken, so reizt doch das Schild zumindest dazu, die
Haustür zu sprengen, um dem dämlichen Köter die Wumme in den Hals zu
schieben.
Wenn alle Bekloppten in der Wüstenrot-Gefangenenkolonie ihre Baracken
hochgezogen haben beginnt Stufe 2 des Eigenheimhorrors. Verklagen des
Nachbarn wegen feindlicher Übergriffe seines Knöterichs oder 2 Millimeter
von der zulässigen Traufhöhe abweichender Dachkonstruktion. Die gegenseitige
Zerfleischung der Kolonie ist unvermeidlich, da das Projekt Eigenheimsiedlung
ungefähr so einleuchtend ist wie Einsiedlerkompanie. Alle hassen einander,
weil sie im jeweils anderen die spießige Gewöhnlichkeit des eigenen Lebens
erkennen, aber nicht wahrhaben wollen. Um bewaffnete Auseinandersetzungen
im Lager zu verhindern gibt es 2 Möglichkeiten. Erstens, turnusmäßig
wiederkehrende Sauforgien namens Straßenfeste, bei denen eine behutsame
geschlechtliche Durchmischung der Kleinfamilie-Sexkapelle(??) stattfindet.
Zweitens, eine gemeinsame Bürgerinitiative gegen irgendetwas. Zum Beispiel
gegen die Durchfahrtstraße, die seit der Römerzeit von den Eingeborenen
benutzt wird, nun aber in eine Sackgasse umgewandelt werden soll, damit den
Zugezogenen nicht die Doppelverglasung aus dem Rahmen fällt. Dadurch steigt
zwar das Solidaritätsgefühl innerhalb des Baudarlehenstraflagers, die ganze
Siedlung ist aber in der Gemeinde so beliebt wie die Schweinepest in
Südoldenburg. Das Ende vom Lied, die Siedlungsheinis stellen einen eigenen
Bürgermeisterkandidaten und majorisieren mit ihrer laberigen Argumentationswut
die gewachsene Korruption des Gemeinderates. Ergebnis, wieder eine Gemeinde
von der klebrigen Anständigkeit der Autobildleser und Warentestbekloppten
erobert. Gute Nacht.
(*ns*) |