Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.
Dem steten Drang nach Veredelung der Einfachspeise konnte sich auf 
Dauer auch der Hering nicht entziehen. Fisch in Öl hieß der 
eingedoste Fraß bis vor wenigen Jahren und diente dem geübten Säufer 
als solides Fundament seiner feuchten Saturnalien. Noch in der 
Retrospektive als teilverdautes Energiekonzentrat hatte er wenig von 
seiner stillen Würde eingebüßt.
   Heutzutage sucht man im Regal vergeblich nachdem öligen Fisch. An 
seiner statt entdeckt das irritierte Verbraucherauge ein 
Wickingerfrühstück oder den Schwedenhappen, dessen flüssiger Bruder 
schon im 30jährigen Krieg bei uns einigen Schrecken verbreitet hat. 
Samt und sonders sind diese aufgemotzten Dosenfische nichts als 
betrügerisch gestreckte Ware skrupelloser Meeresdealer.
   Der Spanier seinerzeit tunkte die Piri-piri Muscheln noch in 
ehrliches Motoröl, auch nicht schön, aber immer noch schmackhafter 
als der Thunfisch mit der Erbse oder die mexikanische Makrele mit Mais 
und Pferdebohnen. Durch Beimischung meeresfremder Sättigungsprodukte 
versucht die Fischconnection von den leergeräuberten Ozeanen 
abzulenken. Unmerklich wird die Erbsenmenge in den Thunfischbpchsen 
erhöht, bis nur noch fischig müffelnde Hülsenfrüchte unterm Weißblech 
lauern.
   Wie lange dauert es noch, bis der Schwede selbst in der nach ihm 
benannten Happensdose liegt. Den Heringssnack nach Balkanart meidet 
der weltpolitisch Interessierte schon seit Jahren aus gutem Grund. 
Obacht geben heißt es auch immer dann, wenn die beliebte Dillrahmsauce 
den Fisch umhüllt. Eine winzige Zeile auf dem Etikett enthüllt das 
Geheimnis der fauligen Tunke. Fischeinwaage 5g, wird da verschämt 
hingepinselt, will heißen, für die restlichen 195g Helgoländer 
Hochzeitsnacht muß der sämige weiße Glibber den Fischgeschmack 
besorgen. Selbst dem Eingeweihten enträtselt sich bei der lyrischen 
Kraft der Etiketten nicht mehr der Gehalt der flachen Dose.
   Was verbirgt sich im Inneren des "Büsumer Hüttenschmauses"? Welche 
maritime Existenz fand ein jähes Ende im Weißblechsarg der 
"Cuxhavener Gourmetbröckchen philippinischer Art"? Keinen Aufschluß, 
soviel ist sicher, gibt der Zutatenhinweis auf der Rückseite. Neben 
der bekannten Fischeinwaage finden wir dort die modifizierte Stärke, 
Apfelsäure, Würzmittel und das wenig Vertrauen erweckende Alginat. 
Wie doch eine Lateinische Endung sofort die profanste Zutat adelt. 
Zumindest kann  man nun sicher sein, daß Freund Fischeinwaage sich im 
gewohnten submarinen Unterholz gleich heimisch fühlt.
   Bei aller Nüchternheit der Dosenkehrseite liefert doch das 
Deckblatt etwas Trost im Serviervorschlag. Meist räkelt sich dort auf 
einem Heringsmodel, wie es so im Innenraum der Dose sicher nicht 
vorkommt, ein geschminktes Radieschen nebst gerupfter 
Petersilienrispe. Wie ernüchternd ist dann nach aufgerissenem Deckel 
der Blick auf die Heringsleiche im Totenhemd aus Dillrahmsauce.
   Pfui Deibel!!
(abgetippt von Thomas Bunz)  |