Dietmar Wischmeyer

Rentner

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Sie haben ihr Leben lang gearbeitet, und jetzt wollen sie ihre alten Tage geniessen. Aha! Nichts dagegen zu sagen, aber haben sie denn auch genug Pinkepinke, ihr Dasein ungebremst weit über die 65er Demarkationslinie zu verlängern? Da sieht's dann böse aus. Ein Großteil der Mümmelpriester, die sogenannten Pensionäre z. B., haben nämlich keine müde Mark ins Rentensäcken eingezahlt und schmarotzen nun am Erwerbstätigen herum. Zudem verabschiedet sich die Beamtenkaste schon gerne mal Mitte 50 aus dem auch dort komischerweise so genannten Berufsleben und hampelt mopsfidel in der Freizeitgesellschaft herum. In Pharmagewittern gestählt, zieht es die Rostköddel zum Whitewaterrafting, zum Paragliding und Freeclimbing. Nichts, aber auch gar nichts mehr ist der Jugend allein vorbehalten. Wahrscheinlich knutschen die Modersäcke auch schon im Mondschein auf den Parkbänken herum. Selbst die akademische Fron der Universität wird verwässert durch die Gerontenplage. Schon seit Jahren vereiteln die Mümmelfritzen durch das Seniorenstudium einen Schulterschluß der Generation. Kein Sozialpädagogik-Seminar, keine StatistikVorlesung, in der man sich noch in Ruhe über das Ficken unterhalten könnte, ohne daß eine Lebensendfigur interessiert die welken Löffel sperrte. Doch es gibt ja nicht nur den satt alimentierten Pensionär, sondern auch noch den weniger prächtig versorgten Kleinrentner. Doch wer glaubt, die Größe der Börse verhalte sich umgekehrt proportional zur Verträglichkeit des Charakters, der irrt. Gerade Freund Schmalhans ist ein Miesepriem sondergleichen. Seine Lieblingsbeschäftigung ist es, die Einkaufsgänge just dann zu unternehmen, wenn auch dem gemeinen Werktätigen die einzige Viertelstunde vor Ladenschluß zum Nahrungserwerb bleibt. Bräsig wackelt er dann mit seiner Gehhilfe durch den Pupsimarkt und fingert Mümmelfutter aus dem Regal, nervt die Models hinter den Wursttheken durch insistierende Fragereien nach oberschlesischem Pansakucha und zahlt an der Kasse selbst dreistellige DM-Beträge mit grünspanigen Reichspfennigen. Kann Freund Mumie seinen Kram nicht shoppen, wenn der Beitragszahler für ihn die Rente zusammenmalocht? Muß es immer gegen Feierabend sein? Aber nein, tagsüber hat er ja keine Zeit, da wackelt er mit dem Auto durch die Gegend und braucht die eine Zehntelsekunde zu lange an jeder Ampel, die den nachfolgenden Verkehr zum Wahnsinn treibt. Die Geronte als solche nervt. Täglich findet sich der Teilnehmer der einzig werteschaffenden, mittleren Generation im Zweifrontenkrieg zwischen den gierigen Gören und den durchgeknallten Tatterfredis. Beiden stünde etwas mehr Bescheidenheit ganz gut an, sonst können sie ihr Chappi bald selbst zusammenbetteln. - im Grunde war's der Sündenfall der Erkenntnis, der uns zum Büttel der Wackelknochen werden ließ. Irgendwann entdeckte der Mensch, daß nicht nur seine Eltern alt und klapprig wurden, sondern ihm das gleiche Schicksal ins Haus stünde. Und fortan wurde der Opa nicht mehr zu den Wölfen in den Wald gejagt. Schade eigentlich.


(abgetippt von Thomas Bunz)