Dietmar Wischmeyer

Multimedia

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Alljährlich sitzen die Schweinepriester der großen Elektronikmultis zusammen und überlegen, welchen überflüßigen Dreck sie den Bekloppten und Bescheuerten diesmal aufs Auge drücken können. Nach DAT und MiniDisc, CD-i und CD ROM hat bloß keiner von uns Armleuchtern mehr Bock auf neue Plastikteile. Was braucht man mehr zum Eierschaukeln als Ferni und Lala. Hihi, sagt da der Mann aus Fernost, jetzt kommt Multimedia, damit kannst du blödes Schwein mit deinem Fernseher telefonieren. Will ich gar nicht, ich hab' alles. Ja, du vielleicht, aber dein PC zum Beispiel, womöglich will der mal mit deinem Toaster sprechen oder deiner Mikrowelle über Internet ein Fischstäbchen reinschieben. Noch will man uns weismachen, daß wir irgendwie in dem Multimedia-Zirkus auch noch mitmischen. Doch längst ist abgemacht, die Geräte wollen ein Leben ohne uns, sie wollen nur noch miteinander sprechen, und wir sollen den ganzen Quatsch bezahlen. Einziger Trost derweil: Natürlich funktioniert das alles nicht für zwei Pfennig. Um dennoch den Multimedia-Hype am Glühen zu halten, diffundiert der Begriff in die Alltäglichkeit. Alle machen Multimedia: Der eine fotografiert eine Telefonzelle, der andere spricht den abgelesenen Bildschirmtext in seinen DAT-Recorder. Durch das Zauberwort wird noch die blödigste Beschäftigung zum souveränen Agieren im Cyberspace. Alles wird mit allem vernetzt - ohne Sinn und Verstand. Warum soll ich mir den Quelle-Katalog im Fernsehen anglotzen, dagegen ist ja noch das "Wort zum Sonntag" ein Straßenfeger. Was bringt mir das RDS-Mäusekino am Radio, auf dem sogenannte Zusatzinformationen unterstellen, bei dem sonstigen Gelulle aus dem Kasten handele es sich überhaupt um Informationen. Welch gräßliche Vorstellung, beim versehentlichen Einschalten der volkstümlichen Hitparade auf dem eigenen PC auch noch die Noten und Texte der Jammergestalten vorzufinden und über Modem womöglich ein Tete-a-tete mit den virilen Blut-und-Boden Monster simulieren zu können. Die Multimedia-Welt bietet wenig Erheiterndes, sollte sie denn mal funktionieren. Wer will denn schon mit noch mehr Menschen kommunizieren, wenn schon das Gespräch mit dem Eherochen zur Tortur gerät. Wer glaubt denn wirklich, daß der unbeschränkte Zugang zum Versandhauskatalog via Daten-Highway aus dem ganz normalen Arschloch von nebenan einen mündigen Bürger macht? Je mehr Datenschrott den Heinis in die Bude gepumpt wird, desto mehr wird ihnen suggeriert, an den Geschicken dieser Welt beteiligt zu sein. Dabei sind wir alle nur ein riesiger Darmtrakt, der kritiklos verdaut, womit er genudelt wird. und jede Schnittstelle zu den Infoviren dort draußen ist eine Wunde in unserer schützenden Haut der Ahnungslosigkeit. Multimedia will uns endgültig unsere Doofheit stehlen. Aber doof sein heißt auch, den Überblick behalten. Drum laßt die Geräte untereinander ihren Schwatz halten, meinetwegen bezahlen wir auch den ganzen Käse, aber laßt uns gefälligst in Ruhe, ihr Schweine.


(abgetippt von Thomas Bunz)