Dietmar Wischmeyer

Das Logbuch zum Buch

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Wischmeyer hat ein Buch geschrieben, na toll, na großartig! Jeder Blödmann schreibt heutzutage ein Buch und wedelt damit in den Talkshows herum. In ungeheurer Mißachtung des schreibenden Handwerks entweihen Hans und Franz weißes Papier. Hannelore Kohl plaudert aus der Schweineküche ihres Mastgatten, Hera Lind frickelt Trostlektüre für durchgenudelete Hausfrauen zusammen. Ja, je weniger Ahnung einer vom Schreiben hat, desto eher faulen seine Gedanken im Hardcoversarg eines Bestsellers. Politiker, abgelegte Gattinnen, Kidnapper, bekennende Hamstersodomiten, sie alle überfallen uns turnusmäßig mit ihrer debilen Prosa. Wer liest den Müll?
Niemand natürlich!
Der stille Kompagnon des Schreibamateurs ist der Anlaß. Unter Anlaß versteht man im Deutschen eine Gelegenheit, bei der ein Geschenk überreicht werden muß, Geburtstage, Jubiläen, oder nur so. Droht ein Anlaß im Kalender näher zu rücken, so schwärmt der Schenkungsverpflichtete in die örtliche Fußgängerzone und rudert mit stierem Blick durch die Kaufhäuser. Noch 'ne Vase, ein elektrischer Nasenhaarentferner, die Wurzelbürste fürs reudige Genital, so recht will nichts passen. Da erinnert sich der Verzweifelte an seine Zeit auf der Mittelschule: Da gab es doch immer diese schweren rechteckigen Dinger, wie hießen die doch noch gleich? Richtig, Becher, nein Bücher! Gedacht, getan, schreitet der Erwerbssinnige in das dafür vorgesehene Ladengeschäft. Doch, oh Graus, was springt ihm da in die Augen? Abertausende dieser rechteckigen Teile, eines unerforschlicher als das andere. Da kommt ihm der Zufall zu Hilfe. In perfider Kenntnis des eingeschränkten Horizonts seiner Kunden hat der Buchhändler in der Mitte seines Ladens ein Tischchen gedeckt. Darauf liegen all die Bücher, auf deren Titel die Fratze eines TV Helden prangt. Ulrich Wickert verbreitet sich über seine Fettlebe als ARD Frontschwein, Alfred Biolek köchelt Hammelklöten, diverse Politrentner denken wieder mal über Deutschland nach, leider öffentlich, doch dem Erwerbswilligen ist gedient. Erleichtert greift er zur Schwarte mit der bekannten Fresse und vollzieht den Kaufakt an der Kasse. Alsdann wandert das Buch via Anlaß ins Regal des Geschenknehmers, um dort unaufgeschlagen dem jüngsten Tag entgegenzumodern. Denn als einziges Relikt einer archaischen Erfurcht vor dem Gedruckten darf man Bücher nicht einfach in den Mülleimer werfen, nicht mal gelesene. So biegen sich die furnierten Spanplatten im Wohnzimmer unter jahrzehntelanger Last ungeernteter Lesefrüchte. Heribert Faßbenders Schwarte über die olympischen Spiele 1936 steht neben der Reparaturanleitung für den R4 und der ewig aktuellen Berufsentscheidungshilfe "Horst will Förster werden" aus dem Göttinger Jugendbuchverlag. Nichts wird weggeschmissen. Als sei es ein Voodoozauber glaubt man, mit jedem weggeworfenen Buch stürbe der Auto ein Stück mit. Ich aber erteile Ihnen Absolution: Kaufen Sie mein Buch "eine Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten", 18,90 DM im Ullstein Verlag. Danach können Sie es meinetwegen sofort in den Müll schleudern.


(abgetippt von Thomas Bunz)