In Jesu Namen ist schon allerlei Schabernack getrieben worden die letzten
zwei Jahrtausende. Merkwürdigerweise versteht man trotzdem unter
"Christenverfolgung" noch immer die Nummer, bei der die Jungs mit dem
Kreuz den passiven Part spielen. Nun denn: Inquisition und Scheiterhaufen sind
vergessen, zwei andere Greueltaten im Namen des Nazareners aber noch in
frischer Erinnerung: der SacroPop und die Jesuslatschen.
Wer jemals junge Menschen in einer Fußgängerzone beobachtet hat, die mit
glasigem Blick um eine Gitarre geschart, jesusmäßiges Liedgut trällern, weiß,
was ich meine. Die Sängerknaben sehen aus wie beim Casting der
Vorhermodels für die Clerasil-Werbung und jaulen, als hätte sich der Piephahn
im Schritt verkantet. Da rollen sich dem Herrn Zebaoth im Himmel die
Fußnägel hoch. Apropos Fuß. Was da im Namen seines Sohnes zeitgleich als
beschwingte Sandalette dargeboten wurde, ist die Härte: zwei bis drei
Hundeleinen auf ein Brett genagelt, das war´s. Wobei die eine davon durch den
Geländeeinschnitt am Großen Zeh führt und diesen stetig nässenden Wolf
hervorrief, der das Schreiten zur Tortur werden ließ.
Ohnehin entsprengen die Jesuslatschen nicht der orthopädischen
Spitzenforschung, sondern dem Basteltrieb des normalen WG-Zausels. Gerne
auch wurde die linksradikale Sandalette aus dem Dritte-Welt-Laden bezogen,
um so den revolutionären Kampf der unterdrückten Völker zu unterstützen.
Hätte nur jeder bundesdeutschen Student in den Siebzigern 53 Paar
Jesuslatschen gekauft pro Tag, okay Leute, dann säh´s heute anders aus auf
der Welt.
Der Student hingegen trug das radikal reduzierte Schuhwerk praktischer
Gründe halber. Hauptvorteil war der Wegfall des lästigen Füssewaschens.
Denn was sieht schon grotesker aus als der schweinchenrosa gewienerte Fuß
des des weißen Mannes. Politisch korrekt war nur der erdige Schwarzfuß.
Wobei wintertags auch gern die im Pädagogik-Seminar grobgestrickte Socke
zum Einsatz kam. Mangels Know How in Sachen Stricken hingen die labbrigen
Teile aber immer 5 cm vorne aus der Palästinenser Pantine heraus.
Eigentlicher Produktvorteil der Jesuslatsche aber war die brettharte Plansohle.
Konzipiert als größtmöglicher Gegensatz zum Fußbettbot sie weder zur Seite
noch in Marschrichtung ausreichend Halt. Der verwender eierte also neben,
vor, oder hinter seinem eigenen Schuhwerk durch die Straßen, immer darauf
bedacht, daß die Sohle möglichst plan auf der Gehsteigplatte landete. Und
genau das war der eigentliche Witz der Jesuslatschen: nur sie ermöglichten
dieses tierisch coole Geschlurfe, diesen amtlichen Gang der angesagten Typen.
Gänzlich unverdächtig, irgendwelchen blödsinnigen Sport zu treiben, schlich
der Jesuslatschenträger durch die Welt, um - aus Protest versteht sich - seine
Haltung zu ruinieren. Bloß nich´ geradestehen, bloß nich´schnellgehen. Eine
Klassesache, diese Treter: voll der Schlag in die Fresse des Establishments!
In der Rückschau betrachtet stehen die zu Recht vergessenen Jesuslatschen
aber in einer Reihe mit ähnlich geartetem Sommerschuhwerk. Da hätten wir
zum Beispiel die kleinbürgerliche Kampfsandale mit dem Sicherheitsgurt über
dem Großen Onkel, kombiniert mit der Burlington- oder der Arztsocke.
Legitime Nachfolger dieses leicht angejahrten Fußbestecks sind die
Badelatschen, eigens für den samstäglichen Gang zum Bäcker erfundene
Vollplastikprodukte.
Letzter Forschungsstand ist die Pantolette. Dabei handelt es sich gleichfalls um
eine Vollplastik-Karkasse, die aber vorne geschlossen ist und hinten höher
liegt. Das hat den Vorteil, daß der Fuß im Plasteknast auf dem eigenen
Schweiß immer nach vorne rutscht und sich dort wundscheuert. Der beißende
Geruch beim Abstreifen der Pantolette vom blutigen Fuß wird gemildert durch
das hübsche Holzdekor auf dem Kunststoffabsatz.
Insgesamt stellt die Verwendung von Sandalen oder sandalenverwandter
Fußbekleidung die höchste From der erotischen Selbstverleugnung dar. Doch
immer wieder gibt es Menschen, die diesen mutigen Schritt hinaus in die
Lächerlichkeit selbst unter Schmerzen wagen.
Stellvertretend für alle Nichtgefallenden draußen auf dem Felde der Ehre sei an
dieser Stelle den Jesuslatschen eine Gedenksekunde gewidmet.
(abgetippt von ???) |