Dietmar Wischmeyer

Leute vom Bau

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Sie leben in Lieferwagen, kennen die schlechtesten Witze der Welt und treiben den Durchschnittsbierverbrauch der Deutschen um 100 Liter pro Person nach oben: die Leute vom Bau. Im Paläolithikum spaltete sich zum letzten Mal ein Zweig in der Geschichte der Menschwerdung ab. Während die einen zum Homo sapiens wurden, gingen die anderen zum Bau. Finstere Zementmorlocks, die noch heute mitten unter uns leben. Dreimal so oft wie wir müssen sie pro Tag ihren Darm entleeren, dazu schleppen sie blaue Kisten hinter sich her mit der Aufschrift Dixi oder Toitoi. Sind die Dinger voll, manscht der Homo speissiensis seinen Zauberschlamm daraus. Den klebt er zwischen die Backsteine, am liebsten aber ins Profil seiner klobigen Treter, mit denen er frischverlegten Samtvelours entjungfert. Anders als der Homo sapiens kennen die Leute vom Bau weder die Schrift noch die Uhr. Und ihre Sprache ist ein feuchtes Gebrabbel mit Lehnswörtern aus dem Baumarktprospekt. Unvermittelt tauchen sie an Baustellen auf, sägen einen Balken halb durch und verschwinden für Stunden in den blauen Kisten. Spätestens um halb vier schlägt die innere Uhr der Hominiden Alarm. Unisono krabbeln sie mit eilig verschlossener Manchesterhose ans Licht und brummen zurück in ihre Verstecke, die noch nie jemand gesehen hat. Dort trinken sie Rektoliterweise Bier, grillen ihren armen Vetter, das Schwein, und pflanzen sich auf die einfachste Weise fort. So, wie die Drachenboote der Wikinger bei ihrem Erscheinen einst die europäischen Küsten in Angst und Schrecken versetzten, erbleicht der Siedlungsmensch, wenn die Speiß- und Mörtelleute ihre blauen Köttelkisten auf seinem Grundstück abladen. Für die nächsten anderthalb Jahre werden nun täglich verkrustete Bullis bei ihm vorfahren, und geduckte Großsäuger werden mit zusammengefalteten Zeitungen zu den blauen Kisten schleichen. Geflockter Montageschaum wird die Rabatten verfilzen, Farb- und Kleberreste werden den Mutterboden kontaminieren und verlorene Spaxschrauben die Kinder vereitern.
Als gewiefter Bauherr empfiehlt es sich, eine Zeitraffurkamera zu besorgen, um den Arbeitsfortschritt zu bemerken. Fällt der Alkoholpegel der Wechselbluter allerdings unter 2 Promille, hilft auch der Zeitraffer nicht mehr. Dann muß hurtig Apfelkorn nachgefüllt werden, bis sich das Wesen wieder rührt. Ist kein Schnaps parat, verfällt das Baureptil in tagelange Nüchternstarre.
Sollte es einen Menschen nach den Leuten vom Bau verlangen - aus welchen schwer nachvollziehbaren Gründen auch immer-, reicht es aus, seinerseits eine blaue Köttelkiste in den Garten zu stellen. Schon nach ein, zwei Tagen werden die ersten Speissfliegen und Mörteltiere um den Kackomaten schleichen und wittern. Sollten dann noch zufällig ein Kubikmeter feiner Sand und ein paar Säcke Zement herumliegen, kann man sicher sein, daß sich eine Kolonie der dumpfen Säuger angesiedelt hat. Bloß - wie man sie wieder los wird, dafür gibt es kein Rezept.


(abgetippt von Thomas Bunz)