Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.
"Achso, sie meinen den Kosakenschniepel", weist mich die
Brotfachverkäuferin zurecht. Was von mir als, 'das kleine graue
Mischbrot dort unten' bezeichnet wurde, ist also im Werbejargon der
Lebensmittelgiftküchen ein Kosakenschniepel. Was auch immer der
braungefärbte Auszugsmehlklumpen mit dem Gemächte eines Angehörigen
der zaristischen Waffen-SS gemein haben mag.
Es vergeht kein Tag an dem man nicht beim Bäcker - Entschuldigung
- in der Mehlerlebnisworld, mit neuen Sprachklonen attackiert wird.
Das schlichte Graubrot wird Countrystuten, Brötchen mit drangeklebten
Roggenkörnern heißen Jogger-Baquette und die mit Preßluft
aufgepumpten Gummilaiber firmieren als altfränkischer Hüttenknubbel,
im Regal der mehligen Giftküche. Je weniger drin ist, desto mehr
steht drauf. Kaum ein Bäckergesell', der nicht mindestens 20
pseudoverschiedene Brötchensorten aufgebahrt hat, um der tranigen
Kundschaft am frühen Morgen Vielfalt im Einerlei seines Pappfraßes
vorzugaukeln. Kaum ein Supermarkt, der nicht damit wirbt, bei ihm
würden alle 20 Minuten frische Brötchen gebacken. Na klar, nach 5
Minuten schmecken die faden Klumpen ja auch schon so, als seien sie 4
Wochen bei Dshingis Khan unterm Pferdesattel plangeritten worden.
Während im Orkus der Backstube Freund Zwischenwirt aus gefrorenen
Halbfertigrohlingen mit Hilfe der Chemokeule eine Brotunkulus
erschafft, liegen vorne im Laden knusprige Bauernkanten und delikate
Fitneßstuten auf angestrahlten Strohballen oder rustikal geflämten
Fichtenbrett. Längst verbirgt sich hinter der tchibohaften
Leuchtreklame 'Poppendieks Landbäckerei seit 1752' nichts anderes als
das eingetragene Warenzeichen eines weltweit operierenden
Nahrungsmittelmultis. Bis in die allerletzte Dorffiliale drückt der
Morloch seinen verkokelten Fraß aus geschmacklich angereicherten
Sägespäne. Im Schutze der Nacht schleichen die Brotwagen über Land
und liefern die Rohlingen an den Hintertüren der sogenannten
Bäckereien ab. Drinnen wirft der übernächtige Lehrling an den einen
Sonnenblumenkerne und veredelt ihn zum Mehrkornbrot, an den anderen
eine Handvoll Mehl und verwandelt ihn in das handgeformte
Pizzabaquette-Vitaljoggingbrötchen von Meisterhand. Alles Betrug.
Na und? Ist es nicht die gerechte Strafe für die Horde
übelgekleideter Zombies, die am frühen Morgen in den Bäckerladen
schleichen? Der Mann im lilagrünen Jogginganzug und den Badelatschen?
Die HB-qualmende Frau im Bademantel? Haben sie wirklich etwas anderes
verdient? Nein! Macht nur weiter so, ihr Pseudobäcker und
Mehlpanscher, es trifft keinen Falschen. Sie wollen es nicht anders.
und was gibt es schöneres, als am Wochenende in der plüschigen
Versandhausgarnitur zu hocken und sich zum schwiemeligen
Frühstücksfernsehen den mehligen Giftmüll reinzumümmeln?
Guten Appetit!
(*ns*) |