Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.
Der Mensch als Arschloch ist das Wesen mit den tausend Gesichtern,
eines der neuesten ist das des Anwohners. Der Anwohner ist eine
saturierte Mittelstandskrampe, die sich vorzugsweise und voller
Niedertracht in der Einflugschneise eines internationalen Flughafens
ansiedelt, um per Oberlandesgerichtsentscheid in der Mittagspause den
kompletten Flugverkehr lahmzulegen. Gerne nörgelt er auch an einer
Sondermülldeponie neben seinem Eigenheim-Soweto herum, wo sich doch
kaum ein geeigneterer Standort vorstellen liesse. Jeglichen
Kraftverkehr im Umkreis einer Meile seiner altdeutsch verschandelten
Wohnhölle möchte er auf 30 km/h herunterkastrieren. Die damit auch
für ihn verlorene Zeit holt er allemal wieder raus, wenn er mit seinem
Siebener BMW auf der Schnellstraße durch die Prolo-Vorstadt rast.
Der Anwohner, noch mehr sein Weibchen, die Anwohnerella, ist ein
hypersensibles Wesen, das am liebsten ein Leichentuch der Stille über
die Welt decken möchte. Sein höchstes Plaisir ist drum auch das
Verhindern von Rock-Konzerten. In einer ekelerregenden Pervertierung
des Bürgerinitiative-Gedankens schließt er sich mit einer Handvoll
anderer Mittelstands-Blödis zusammen und verleidet 60000 anderen einen
harmlosen Spaß. Die Hauptstadt des Anwohners ist München, hier hat er
es innerhalb eines Jahres geschafft, die Biergarten-Kultur auf ein
niedliches Kindergeburtstagsniveau runterzufahren. Sein Ziel ist es, in
jeder Stadt das pulsierende Leben zu vernichten, so lange, bis alle
Menschen zu ebensolchen Erzlangweilern mutiert sind wie er und seine
lahme Trulla. Aber nicht genug damit, Deutschland zu zerstören, nein
neuerdings schlägt der Anwohner auch im Ausland zu. Der Neger im
Nebenzimmer, die lustige Schlagbohrmaschine im Frühstücksraum - alles
kann Gegenstand einer einklagbaren Wertminderung sein. In wenigen
Jahren werden diese Botschafter des schalen Geschmacks die ganze Welt
mit den Viren der muffigen Mittelstandsgemütlichkeit infiziert
haben, New York wird Bad Harzburg, und zwischen 13 und 15 Uhr läßt
der Serbe die Flinte ruhen. Das Lebenscredo des Anwohners ist die
inselhafte Scheinordnung in einem Meer des Chaos und des Unfriedens.
Nicht der Weltkrieg macht ihm angst, sondern der Glascontainer vor
seinem Haus. So liegen denn auch seine bescheidenen Freuden nicht
darin, das Leben in seinen Widersprüchen in sich aufzusaugen, sondern
seinen blöden Rotwein richtig zu temperieren und sich die
naturbelassenen Einlegesohlen in die Halbschuhe zu stopfen. Man kann
nur froh sein, daß in unserer Gesellschaft die Ausübung des GV in der
Öffentlichkeit nicht gestattet ist, damit man sich dieses
vernunftmäßige Tempo-30-Geruckel außerhalb der Ruhezeiten nicht mit
ansehen muß.
(abgetippt von Gerd Schlemermeyer) |